Monthly Archives September 2014

Margit Jachmann-Leith Smith: Mein Wort: Spree

Sehr geehrte Frau Draesner, es war ein schöner Abend anlässlich Ihrer Lesung in Frankfurt. Ich möchte mich dafür gern bei Ihnen bedanken. Leider habe ich Ihr Buch noch nicht gelesen, aber ich freue mich darauf es zu lesen. Verlust der Heimat, Verlust der Wurzeln, Verlust vertrauter Menschen. Dies gab es auch in Bezug auf DDR/ Bundesrepublik Deutschland. Aber: lag nicht in der Flucht auch eine Chance für etwas Neues? Ein Leben in einer „größeren“ Welt? Mein Wort: Spree. Mit freundlichen Grüssen Margit Jachmann-Leith Smith (c) Margit Jachmann-Leith Smith, 2014 —————————- In der Rubrik “Selbst-Erzählen” veröffentlichen wir Texte von Lesern.
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Es spricht: Esther

Das Arrangement brachte uns über die nächsten Wochen. Ende November fiel Stach die Stufen an seiner Haustür hinauf. Hinauf, nicht hinunter. Stufen. Exakt zwei. Hundertausendmal war er über sie gestiegen. Er hatte in den Briefkasten sehen wollen, brach sich den linken Unterschenkel, verstauchte sich die linke Hand und befand sich im Krankenhaus, als ich davon erfuhr. Mercedes hatte ihn gefunden. Er war nicht im Regen gelegen und hatte sich nicht erkältet, obwohl er stark unterkühlt war, als man ihn abtransportierte. Erstaunlich rosig lag er, frisch operiert, im Krankenbett. Ein offener Bruch. Die Ärzte befürchteten Infektionen. Großvater hing am Tropf. Man
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Streesla

Streesla: schlesisch für „Streusel“. Einfach herzustellen: ein Teil Zucker, ein Teil Fett, zwei Teile Mehl. Aromen nach Belieben. Nicht lange kneten, schön bröselig lassen, zerbröseln, über dem zu dekorierenden Gebäck ausstreuen.
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Als alter Mann werde ich glücklich sein

Als alter Mann werde ich glücklich sein: diesen Satz, im Roman gesprochen von Eustachius Grolmann, verdanke ich dem Interview mit Wolfgang Kampen in Sabine Bodes Buch Die vergessene Generation (München 2005, S. 237). Grolmann spricht ihn mit 83 Jahren aus, überzeugt von seiner Wahrheit. Dass er bereits alt sein könnte, kommt ihm nicht in den Sinn. Das Kriegskind Kampen berichtet: Seine Reise ins Ruhrgebiet damals im Sommer 1945 in überfüllten Zügen „dauerte eine Woche, und einmal war es im Waggon so voll und so eng, dass er über eine lange Strecke den Boden nicht erreichte, weil er zwischen den Mitreisenden
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Gehöre

Gehöre, das: jägersprachliche Bezeichnung für die Ohren des Fuchses.     Bild:„Rød ræv (Vulpes vulpes)“ von Malene Thyssen – Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY 2.5 über Wikimedia Commons.
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Es spricht: Hannes

Doktor Winsch, sagte Ewald, stamme aus Hannover. Vor ein paar Jahren sei er nach Breslau versetzt worden – wir erinnerten uns. Inzwischen habe seine Karriere sich prächtig entwickelt, jung, mit 20, so Ewald, sei Winsch als Student der NSDAP beigetreten, seine Frau erwarte das dritte Kind. Wir luden ihn ein, anlässlich einer seiner medizinischen Inspektionsfahrten, die über Oels nach Breslau zurückführen mochte, Kaffee und frischen Kuchen in der Bäckerei zu genießen. Eustachius war fünf, Emil 14 Jahre alt, wer ihn sah, hielt ihn für bestenfalls zehn. Wir setzten beide im ersten Backhof auf das Podest, das die Ausfahrer vor Jahren
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