Archives for Essen

Essen (5)

Boris erzählt, wie Boris und Simone versuchen, sich miteinander zu unterhalten Gekreuzte Holzspeere, ein wagenradgroßer Teller mit Fladen zum Selberrollen. Ich war stolz darauf, gleich zu Anfang festgelegt zu haben, dass ich einlud. Sie sagte »nice of you«, als wäre sie noch im Institut, und bestellte einen Aperol. Ich hatte ihr nach dem Vortrag geschrieben, eine kleine Ewigkeit an den paar Zeilen gefeilt, nicht zu nah, zu aufdringlich, zu distanziert, wie machte ich ihr deutlich, dass es mir um sie ging, nicht um ihren Vater und nicht um die Affenforschung, nein, dass sie, Simone, es war, die mich lockte, die
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Essen (4)

Hannes, angekommen in Bayern, geht in den Wald Anfang August hackte er bei einer Witwe im Dorf zwei Stunden Holz, im Gegenzug lieh sie ihm ihr Fahrrad für den Rest des Tages. So behände er konnte, fuhr er damit die Hügel um Wilfing auf und ab. Seit fast einem Jahr lebte er hier. Er hatte sieben Kilo zugenommen. Er war neuerlich bei Kräften. Die äußere Armut hätte er ertragen. Die innere setzte ihm zu. Noch immer hingen sie von fremder Hilfe ab. Von Julius und Feli. Jeder Tag dieses Lebens demütigte ihn. Auf der Rückfahrt ging er in den Biergarten
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Essen (3)

Halka erzählt aus Wrocław Die neue Person, die auf der Bahnfahrt geschlüpft war, wuchs und wuchs. Sagt wer? Still und beharrlich? Schubweise? Ständig, sage ich der Erinnerung. Leszek kam kaum mehr aus der Universität zurück; er schien sich wohlzufühlen, jedenfalls besser als die Jahre zuvor. Grazyna hingegen verließ die Wohnung immer seltener, kochte und buk immer mehr. Jeden dritten Tag tischte sie nun selbstgemachte Piroggen auf, Weißkäse konnte man um die Ecke in einem der ersten kleinen Läden kaufen, Pilze, die es kaum oder nur getrocknet gab, ersetzte sie durch Zwiebeln und Kraut. Je länger wir blieben, umso ostpolnischer wurde
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Essen (2)

Eustachius erinnert sich Zuweilen kam mein gesamtes Leben mir so vor: einen engen, nur einen Mensch breiten Weg war ich gegangen. Die heimliche Melodie meines Blutes, der Puls jedes Muskels, jedes Nervs: »Nimm dich in acht!« Vor Emil, der mir an der Tür auflauerte und mich nicht mehr losließ, vor Lehrern und Vater, die schlugen, vor Soldaten, die marschierten, vor Feinden, die unsere Wohnung wegnahmen, die Mutti bedrohten, auf Vati zielten, vor Volksgenossen, die mich diesem Feind in die Schusslinie stellen wollten, vor Jungen, die mir den Brotkanten stahlen, den ich zuvor selbst gestohlen hatte, vor Mädchen wie jenem, das
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Wolf und Fuchs (3)

Auch Hannes begegnet dem Wolf: (Kriegsgefangenschaft in Russland) Niemand draußen wusste, ob oder wo er lebte. Er ging in der Lagerwelt auf, existierte nur dort. Es gab keinen Außenraum mehr. Seine Zigaretten tauschte er gegen Brot. Das alte Festhalten an Zahlen, die Bäckerregeln im Blut. Im Sommer arbeiteten sie auf einer Kolchose; von ihrem Gehalt zahlten sie Steuern und Gebühren an das Lager, das Wenige, was übrig blieb, wurde auf ein Konto überwiesen. Einmal durfte er 150 Rubel abheben, sie waren im Handumdrehen verbraucht und, wie er hoffte, klug verteilt. Er hätte gewusst, wie man einen Hasen fing; es gab
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