Der Begriff stammt von Marianne Hirsch, die ihn erstmals Anfang der 90er Jahre in einem Artikel zu Art Spiegelmans Maus benutzte. Postmemory, so die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in Rumänien geborene Literaturwissenschaftlerin auf ihrer Website, beschreibe das Verhältnis der Nachfolgegeneration zu den persönlichen, kollektiven und kulturellen Traumata, die die Vorgängergeneration erfuhr. Hirsch entwickelte das Konzept anhand eigener Erfahrungen sowie unter Auswertung literarischer und künstlerischer Darstellungen des Phänomens der „fremden Erinnerung“. Die Erfahrungen der Vorgängergeneration(en) werden, vermittelt durch häufig mehr oder minder anekdotische oder nur rudimentäre Erzählungen, Bilder und Verhaltensweisen, inmitten derer die Nachfolgegeneration aufwuchs, „erinnert“. Hirsch beobachtet eine derart intensive Weitergabe dieser Erlebensinhalte, dass Kinder und Kindeskinder sie als eigene Erinnerungen wahrnehmen. Postmemory bedeutet eine Verbindung in die Vergangenheit im wesentlichen durch Imagination, Projektion und nachempfindende Erfindung. Wer mit überwältigenden, ererbten Erinnerungen aufwächst, beherrscht von Geschichten, die der eigenen Geburt oder Bewusstwerdung vorausgingen, stehe, so Hirsch, in der Gefahr, die eigene Lebensgeschichte zu verlieren: sie wird durch die Vorfahren verschoben, sogar entleert. Zumindest indirekt wird sie durch traumatische Bruchteile von Ereignissen geformt, die sich, jedes Verstehen übersteigend, der (Be)Sprechbarkeit noch immer entziehen. Die Ereignisse liegen in der Vergangenheit – ihre Wirkungen zeigen sich heute.