wulkan
(lwiw – wrocław – berlin)
weißt du wie es ist wenn man
schleudert (das fallende laub) fragte er
mit weicher polnischer ruhe:
wulkan.
die lage der kanten das porzellan
sagte er alle gegenstände des hauses
erinnerten an eigene bedürfnisse: fotos
von kindstaufen eine blau träumende
kommode mit stolzierendem emaillepfau
der wein vom hochzeitsjahr
der anderen.
noch warm ihre deutschen lippen
noch auf den gläsern
der spüle. wir schämten
uns nicht des nehmens
des sehens wohl. so
kamen wir
nicht an.
wulkan.
lebensbild
hergebracht. gemälde
aller schatten an der wand
schichten aus mensch gestapelt
fruchtbar heiß, erstarrt. im eigenen
dreißig jahre auf gepackten koffern
gesessen: was fliehen
in geflohenes
heißt.
zersägten
das bett die anderen
um zu heizen den einen geretteten
sack das holzbein des toten sohns.
ich kann ihre hände sehen vater
großvater großmutter ihre nägel
sie hatten nicht alles verloren
fast noch alle teile des körpers
bei sich noch etwas seele –
vielleicht
man legt sich nieder und liebt sich
in europäischem gras. ein turm
ragt auf, aus eisen und rekonstruktion
das ist normal. eine straßenbahn
fährt. das herz wulkan
weich gegen die wände
huft in einem brüchigen
polnischen stall.
aus: Ulrike Draesner: Subsong, Gedichte, Luchterhand Literaturverlag.