Zu Ulrike Draesners Roman Sieben Sprünge vom Rande der Welt Rubrik ‚Selbst Erzählen’. von BGK, 2014 „Wo – wo sind wir zuhause?“ (Simone Grolmann) Ich bin irgendwo zwischen dem dritten und vierten der Sieben Sprünge vom Rand der Welt, als es an der Haustür klingelt, und die Nachbarin, eine rüstige Frau in ihren späten Achtzigern, mir einen Teller mit Streuselkuchen bringt – nicht selbst gebacken, nein, viel besser, von einer Reise mitgebracht aus der Gegend um Wrocław. Sie haben doch mal erzählt, Ihre Mutter kommt von dort. Ich stehe in der offenen Tür, schaue auf den Kuchen
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Archives for Familie
„Unwillkürlich“
„unwillkürlich“ Ein Kommentar (06.05.2014) Ganz unwillkürlich fiel mir dieses Wort als die für mich einzig mögliche Antwort auf diese Frage ein – die mich schon berührte und betraf, als ich die „Making of“ Webseite zum Buch zum ersten Mal aufgerufen hatte. „Unwillkürlich“ im Sinne von „unabsichtlich, unbewußt, instinktiv“ enthält zugleich das Substantiv „Willkür“ – das enthüllt, was wirklich passiert bei der unabsichtlichen, unbewußten Weitergabe von unaufgelösten Traumata: das Trauma selbst gibt weiter, was es ausgelöst hat: die ungebremste Gewalt – noch oberflächlich wie lieblos begründet mit „wen Gott liebt, den züchtig er“ entzieht sich das, was sich immer von Neuem
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Das silberne Häschen
Es ist das Schönste des Wurfes, sein Fell glänzt so silbern und weich, dass man jedes Mal von neuem und ein wenig weitergehend schmilzt und für alles Weiche empfänglich wird, kaum fällt der Blick darauf. Ist Schönheit das, ...
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Kuckucksuhr
die Kuckucksuhr: Was haben Autoren und ihre Figuren miteinander zu tun? Beantworten kann das keiner, aber Geschichte lassen sich dazu erzählen. So auch diese: als Kind schlich ich manches Mal nachts in die Diele zwischen dem Schlafzimmer meiner Eltern, meiner Schwester und dem meinen, und hielt die Kuckucksuhr an. Hatten die anderen keine Ohren? Wie konnten sie dieses Rufen ertragen, diesen Vogel, der so gnadenlos die Stunden wegschrie? Im Wald mochte ich ihn, auch wenn mein schlesischer Großvater meinte, an der Zahl der Rufe die Jahre ablesen zu können oder zu müssen, die ihm zum Leben noch blieben. Die Uhr
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Erben
Erben: vor einigen Jahren zog das Schlagwort von der “Erbengeneration“ durch die Feuilletons. Gemeint waren insbesondere die Kinder der Aufbaugeneration der Bundesrepublik. Inzwischen scheint der Begriff verschwunden; man ahnt wohl, dass die Sache mit dem Erben so einfach nicht sein wird. Jüngst antwortete mein Vater auf die Frage eines Interviewers, was seine Tochter mit seiner Flüchtlingsgeschichte zu tun haben könnte, mit einem knappen „nichts.“ Seinen Schmerz hält er für unsichtbar. Doch seitdem ich 14 wurde, erzählt er mir an jedem meiner Geburtstage, dass er als 14jähriger Junge eben in der Nacht vor diesem Geburtstag aus seinem Zuhause fliehen musste. Jedes
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