Kommentare zu: Aleksandra Burdziej: Eine Frage https://der-siebte-sprung.de/aleksandra-burdziej-eine-frage/?pk_campaign=feed&pk_kwd=aleksandra-burdziej-eine-frage Ulrike Draesner Fri, 02 Jan 2015 22:22:37 +0000 hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.4 Von: Ulrike Draesner https://der-siebte-sprung.de/aleksandra-burdziej-eine-frage/?pk_campaign=feed&pk_kwd=aleksandra-burdziej-eine-frage/#comment-7044 Fri, 02 Jan 2015 22:12:09 +0000 https://der-siebte-sprung.de/?p=1211#comment-7044 Liebe Frau Burdziej,
danke für Ihre Mail und Ihr aufmerksames Lesen. Ihre Frage ist keineswegs naiv, sondern führt ins Zentrum des Romans: Wie „zählt“ man Vertreibung – ab welchem Grad der Betroffenheit gilt jemand selbst als Vertriebener (und wann nicht mehr)? Erst bei der Recherche für die Sieben Sprünge entdeckte ich, dass ich selbst offiziell Vertriebene bin. Eine Migrantin. Das ist erstaunlich, wenn man meinen Lebenslauf betrachtet, hat aber eine innere Richtigkeit.
So betrachtet erzählen den Roman die Vertriebenen: Lilly, Hannes, Eustachius, Emil und Halka. Simone, geboren in der neuen Heimat, wie Sie schreiben, gilt offiziell als Vertriebene – doch ich selbst zähle sie nicht zu den Vertriebenenstimmen des Romans, weil sie dort lebt, wo sie geboren wurde. Für Boris sieht das anders aus: Er lebt in Deutschland, ist in Polen aufgewachsen, seine Familie ist bunt zentralpolnisch, ostpolnisch, deutsch gemischt. Er steht in den Sieben Sprüngen für eine eigene Art von „Vertreibung“. Man könnte sie als Selbstvertreibung bezeichnen – auf Grund einer von Beschädigungen und Traumatisierungen gezeichneten Familiengeschichte. In der Psychologie findet sich hier bisweilen der Terminus „reenactment“: Kinder spielen, unbewusst oder halbbewusst, Szenarien aus den Leben ihrer Eltern nach, wandern Wege rückwärts etc.

Ich hoffe, das beantwortet Ihre Frage – und wünsche das Allerbeste für 2015
Ulrike Draesner

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